Pater George aus Sierra Leone
29.06.2020 Ganz berührt waren wir von den Zeilen, die uns aus Sierra Leone erreichten. Pater George, der dort das Schutzhaus für minderjährige Prostituierte leitet, schreibt:
“Jetzt hat das Corona-Virus auch unser Land erreicht – so, wie wir es erwartet haben. Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor, auch wenn wir von ganzem Herzen hoffen, dass es nie eintreten wird. Das Land ist auf eine solche Epidemie nicht gut vorbereitet – trotz der Erfahrungen mit Ebola. Es gibt zu wenige Krankenhäuser, Labore, Medikamente, Ärzte und Schwestern. Darum befürchten wir viele, viele Infizierte und tausende Tote – vor allen Dingen, weil die Menschen hier arm sind, weil Hunger sie schwächt, weil sie krank sind und an Malaria, TBC, Hepatitis oder HIV leiden. In ganz Sierra Leone gibt es nur drei Beatmungsgeräte. Deshalb ist unsere größte Sorge: Wie stoppen wir die Infektionen und wie schützen wir unsere Mitarbeiter und die Kinder, die im Zentrum wohnen? Und wie können wir für die tausenden Jungen und Mädchen da sein, die auf den Straßen Freetowns ein elendes Leben fristen? Kinder, die in diesen Zeiten noch verletzlicher sind, als sie es ohnehin schon waren!
Wir benötigen Hygienematerial, wie Seife, Desinfektionsmittel und Masken. Hier ist es schon knapp, und die Preise steigen rapide. Wir brauchen Medikamente, um weiterhin Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose und andere behandeln zu können. Und wir brauchen dringend Lebensmittel! Wir versorgen jeden Tag mehr als 250 Jungen und Mädchen, die das Ebola-Virus zu Waisen gemacht hat. Einige der vielen Straßenkinder in Freetown haben wir in einer Grundschule untergebracht, die nach dem Look-Down geschlossen wurde. Dort ist es für sie sicherer als auf der Straße und wir können uns kümmern. Ich musste viel Überzeugungsarbeit leisten, bis das genehmigt wurde. Doch wir haben es geschafft!
Um unsere Kinder aus dem Zentrum zu schützen, bringen wir sie raus aus der engen Stadt. Wir haben außerhalb von Freetown ein neues Zentrum für schwer traumatisierte Straßenkinder gebaut – das „New Fambul“. Dort sollen jetzt unsere Schützlinge aus „Fambul“ wohnen. Sie sind dort sicherer. Auf der Krankenstation betreuen wir die Mädchen und Jungen, die Fieber haben oder andere Symptome zeigen. Um rund um die Uhr für sie da sein zu können, brauchen wir jedoch dringend eine weitere Krankenschwester! Covid-19-erkrankte Kinder bringen wir ins Krankenhaus. Das alte Schutzhaus für die Straßenmädchen und das Haus der freiwilligen Helfer werden zur Quarantänestation. Damit die Mädchen und Jungen auch in den nächsten Monaten genügend zu essen haben, bauen wir Obst und Gemüse an und werden einige Ziegen kaufen. So bereiten wir uns auf die Zeiten des Hungers vor. Zeiten, die kommen werden, weil hier die Lebensmittelpreise so ansteigen, dass wir kaum noch etwas kaufen können. Alles, was jetzt zählt, ist Zeit.”
Wie so häufig trifft es die Kinder, die jetzt noch dringender unseren Schutz bedürfen.
Foto: ©Don Bosco | Don Bosco Mondo